
Die Katze ist aus dem Sack: Nintendos neue Konsole hat einen Namen und ein Konzept. Die neue Wii entfernt sich wie erwartet von der reinen Familienkonsole und will dem Spieler ein personalisiertes Spielerlebnis bieten: Dem in Lautschrift gehaltenen „Wir“ fügt Nintendo ein „Du“ bei – das Ergebnis: Wii U, Nintendos Next-gen-Konsole und langersehnte Verknüpfung zwischen Casual-Spielern und Hardcore-Markt.
Wobei neue Konsole ziemlich hoch gegriffen ist: Anders als erwartet ist die „Wii U“ nämlich in erster Linie keine stationäre Konsole im traditionellen Sinne, sondern legt den Fokus tatsächlich auf seinen tragbaren Controller. Optisch erinnert Nintendos Neue an das Apple iPad. An den Seiten finden sich vier Facebuttons, ein D-Pad, Analogsticks und Schultertasten am oberen Ende. In der Mitte findet sich jedoch ein 6.2 Zoll großer Touchscreen, darüber eine Kamera.
Auf der Pressekonferenz zeigte Nintendo in einem Trailer, dass man wie gewohnt auf dem heimischen Fernseher spielen kann, bei Bedarf aber auch ohne Verzögerung auf den Bildschirm der „Wii U“ wechseln kann. Falls also mal wieder jemand den Fernseher in Beschlag hält, obwohl ihr gerade zocken wollt, könnt ihr dies problemlos tun. Wie Nintendo zu verstehen gab, sei die „Wii U“ jedoch nicht als Portable-Konsole gedacht, sondern eher „als stufenlose Verbindung zwischen Spieler, TV und Internet.“
Was das genau heißen soll und wie man sich von der PS Vita absetzen will, die im Grunde genau dasselbe Prinzip für die PS3 bietet, bleibt vage. Überhaupt hüllte sich Nintendo in allerlei schemenhafte Formulierungen. Von „der Zukunft“ war da natürlich die Rede, von Innovation und Arten des Spieldesigns, von denen Niemand je zu träumen gewagt hätte. Was das für Arten sein könnte, ließ man allerdings offen – zeigte dafür einen Trailer mit recht belangloses Spielereien.
Das man das „Wii U“-Pad etwa als digitales Spielbrett nutzen kann, dürfte Besitzer handelsüblicher Tablet-PCs kaum vom Hocker reißen. Auch dort kann man schon jetzt per Fingertipper Figuren umher schieben. Darüber hinaus wird es möglich sein, die „Wii U“ mit der alten Wii-Peripherie zu verbinden – auf dem Balance-Board kann man sich so auf einem Extrascreen seine Fitnesswerte zeigen lassen, in Verbindung mit der Wiimote kann man – wie im Trailer zu sehen war – die „Wii U“ als Abschlagfläche nutzen.
Das ist als Gimmick gesehen natürlich alles sehr nett, in Anbetracht der Tatsache, dass es sich hierbei aber um eine revolutionäre, neue Konsolengeneration handeln soll, muss man sich trotzdem fragen, was genau Nintendos Intentionen sind. Warum man z.B. den „Wii U“-Bildschirm auf das Wii-Gewehr montieren sollte, um auf den Bildschirm zu zielen, ist mehr als fraglich. „Bitte bedenken sie – was sie heute hier sehen, sind nur Konzepte. Es wird noch viel mehr kommen“, entgegnete Reggie Fils-Aime vorbeugend.
Endlich Next-Gen
Sehr viel interessanter ist da die bereits im Vorfeld vermutete Neuerung für Hardcore-Spieler: Die Wii U wird endlich an den aktuellen technischen Stand anschließen und HD-Grafik auf einer Stufe mit PS3 und Xbox360 bieten. In einer Technikdemo präsentierte man schickste Shadereffekte, Wasserdarstellungen und glasklare Texturen – entsprechend werden viele der frisch angekündigten Next-Gen-Titel auch auf die Wii U portiert.
Zu den angekündigten Titeln gehören z.B. „Darksiders 2“, „Metro Last Light“ sowie ein brandneues „Dirt“. Namco entwickelt erstmals für Nintendo ein neues „Tekken“, „Batman Arkham City“ und „Ninja Gaiden 3“ kommen ebenfalls. Als exklusiv wurde bisher nur „Lego City Stories“ enthüllt – wohl kein Titel, den man sich zwingend merken muss. Und die Eigenproduktionen? Erwähnt wurde ein neues „Super Smash Brothers“, gezeigt wurde jedoch nichts. Ein neues „Super Mario“ kommt ebenfalls – die große Neuerung von „Super Mario Bros. Mii“ ist allerdings, dass man seinen eigenen „Mii“ ins Spiel integrieren kann.
Viel interessanter wäre im Zuge dieser Ankündigungen gewesen, auf welche revolutionäre Art und Weise die „Wii U“ denn nun das Spielerlebnis von „Assassin’s Creed Revelations“ oder „Battlefield“ bereichern wird. Doch auch hier verzichtete man auf konkrete Details und konzentrierte sich lieber auf vollmundige Versprechungen. 2012 soll die neue Wunderkonsole kommen.
Fazit
Zunächst sei mal erwähnt: Wenn man vollmundig eine „völlig revolutionäre Spielerfahrung“ anpreist, die „komplett neue Wege des Spieldesigns ermöglicht“, sollte man vielleicht mehr zeigen, als einen weißen Tablet-PC, auf dem man sich das Inventar im neuen Zelda angucken kann oder Murmeln verschiebt, während Mutti die neueste Episode von Frauentausch guckt. Zu harsch formuliert? Möglich – die Enttäuschung sitzt eben, nach dieser Pressekonferenz.
Natürlich ist es toll, dass sich Nintendo endlich auch den Hardcorespielern zuwenden möchte und HD-Grafik bietet. Aber diese Ankündigung hinterlässt derzeit mehr Fragen, als sie beantwortet. Ist die „Wii U“ jetzt einfach nur ein weiteres Peripherie-Gimmick? Ist es ein Controller oder noch ein weiterer Handheld? Inwiefern erweitert die „Wii U“ das Spielerlebnis der großen Titel? Wird man nicht immer wieder aus einer imersiven Spielerfahrung wie Battlefield herausgerissen, wenn man nebenbei noch bunte Bildchen auf dem Touchscreen nachmalen muss?
Derzeit schuldet Nintendo uns so einige Antworten, Beweise für eine ganze Reihe vollmundiger Versprechungen. Erst wenn die sich bewahrheiten, ist das die große Revolution, von der Nintendo spricht und die wir uns erhofft haben. Bis dahin bleiben wir skeptisch.
Dieser Artikel kommt mit freundlicher Genehmigung von unseren Kollegen von Giga.de.
Hier noch das Video von der offiziellen Wii-U-Ankündigung bei der E3: